Faserpilotanlage, Fraunhofer-Zentrum HTL, Bayreuth

Auftraggeber: Fraunhofer Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V., München

Architekt: KSG Kister Scheithauer Gross, Leipzig

Leistungszeit: 2016 bis 2019

Leistung: Planung und Objektüberwachung, Sanitärtechnik, Heizungstechnik, Raumlufttechnik, Kältetechnik, Elektrotechnik, Gebäudeleittechnik, Gebäudeautomation, Fördertechnik, Nutzungsspezifische Anlagen

Im April 2019 eröffnete am Fraunhofer-Zentrum für Hochtemperatur-Leichtbau HTL in Bayreuth der Neubau der Faserpilotanlage. Am HTL liegt der Forschungsschwerpunkt auf der Energieeffizienz von industriellen Wärmeprozessen. Keramikfasern sind das wesentliche Element für die Entwicklung neuer Faserverbundwerkstoffe, die bei hohen Temperaturen eingesetzt werden können und sich ähnlich duktil verhalten wie Metalle. Mit Keramikfasern können Hochtemperaturprozesse energieeffizienter – und somit nachhaltiger für die Umwelt – durchgeführt werden. Mit dem Neubau ist nun erstmals eine eigenständige europäische Produktion möglich, da bislang die keramischen Fasern nur in Ostasien und Nordamerika produziert wurden und von daher für europäische Anwender nur begrenzt verfügbar waren.

 

Im Fraunhofer-Zentrum HTL werden seit fast 20 Jahren nichtoxidische und oxidische Keramikfasern entwickelt und im Technikumsmaßstab gefertigt. Die neue Faserpilotanlage gewährleistet nun anhand von zwei Fertigungslinien (jeweils eine eigene Fertigungslinie für nichtoxidische sowie für oxidische Keramikfasern) die Produktion im großen Maßstab, sodass einige Tonnen Keramikfasern pro Jahr hergestellt werden können. Die hohe Produktionsmenge ist nötig, um Bauteile aus Faserverbundwerkstoffen für den Einsatz in den Bereichen der Luftfahrt, Energie- oder Wärmetechnik zu qualifizieren. Im ersten Schritt soll jedoch die Qualität bereits bekannter Keramikfasern erreicht werden, danach soll die Entwicklung von neuen Fasertypen für noch höhere Einsatztemperaturen beginnen. Außerdem wird mit weiteren Partnern aus dem universitären und industriellen Umfeld an Verarbeitungsmöglichkeiten der Fasern mit Anlagen aus der Textilindustrie geforscht. Die neue Faserpilotanlage des Fraunhofer-Zentrums HTL stellt somit einen wesentlichen Meilenstein für den zukünftigen Einsatz von Materialien in der Kraftwerks- und Antriebstechnologie dar, mit dem Ziel, die Energieeffizienz wesentlich zu steigern und dadurch den CO2-Fußabdruck zu mindern. Trotz der technisch anspruchsvollen Infrastruktur der Faserpilotanlage konnte der Neubau in nur 20 Monaten Bauzeit planmäßig umgesetzt werden, vor allem auch aufgrund der guten Zusammenarbeit im Team, das größtenteils auch schon das bestehende Gebäude des HTL erfolgreich zusammen realisierte. Auf einer Nutzfläche von circa 1.500 qm befinden sich unter anderem explosionsgeschützte Labore und Versorgungsflächen sowie ein Gaselager mit einem Gasversorgungssystem für diverse Standard- und Spezialgase (wie unter anderem Druckluft, Argon, Stickstoff, Wasserstoff). Das Herzstück der neuen Faserpilotanlage bildet die 11 Meter hohe, 15 Meter breite und 55 Meter lange Technikumshalle, in der sich die Spinntürme und die beiden Fertigungslinien für nichtoxidische und oxidische keramische Verstärkungsfasern befinden. Die Wärmebereitstellung erfolgt über Kraftwärme-Kopplung, die Wärmeeinkopplung der Abwärme der Produktionsprozesse wurde vorbereitet. Mit 280 kW Niedertemperaturkälte werden die lufttechnischen Anlagen und die Gerätekühlung in den Laboren betrieben. Dagegen werden die beiden Produktionslinien in der Technikumshalle mit 330 kW Hochtemperaturkälte versorgt. Für die leistungsstarken Hochtemperaturöfen in der Halle war ein sorgfältiges Konzept für die elektrischen Anschlüsse unverzichtbar. Generell erfolgt die elektrische Versorgung aus dem Bestand mit 1.100 kVA. Um den durchgängigen Produktionsprozess jedoch sicherzustellen, wurde zusätzlich eine Netzersatzanlage mit 450 kVA installiert. Die Anschlüsse der einzelnen Komponenten der Produktionslinien wurden im Rahmen des Hook-up für Kühlwasser, Stromversorgung und Medien geplant.

Fotos: © format 2d, Bingen am Rhein