Auftraggeber: Bundesland Hessen
Architekt: Atelier 30, Kassel
Kosten TGA netto € gesamt: 5.680.000,00
Leistungszeit: 2009 bis 2013
Leistung: Planung und Objektüberwachung, Sanitär-, Heizungs-, Raumluft-, Kältetechnik, Sprinklertechnik, Gaslöschanlagen, Elektro- und Nachrichtentechnik, Fördertechnik, Gebäudeleitsystem, Mess-, Steuer und Regeltechnik, Gebäudeautomation, Grundleitungen
Zu Beginn des Wintersemesters 2013 bezog die Hochschule Fulda die Hochschul- und Landesbibliothek, die dazugehörige Mensa mit Kochlabor und das neue Studenten-Service-Center (SSC). Der Bauherr, das Land Hessen und die Hochschule gaben schon für den Architekturwettbewerb 2008 eine nachhaltige Bauweise sowie die Unterschreitung der EnEV 2009 um 30% als Projektziele vor. Nach vierjähriger Planungsarbeit inklusive Objektüberwachung der Ausführung konnte die ZWP Ingenieur-AG im August 2013 alle Anlagen dem Nutzer übergeben und die gesetzten Ziele erfüllen.
Architekten und Ingenieure arbeiteten bereits ab der Vorplanungsphase intensiv zusammen. Aus der Summe der Projekterfahrungen der Wiesbadener Niederlassung der ZWP Ingenieur-AG, u. a. beim Neu- und Umbau des Hessischen Landtags (2008) und dem Laborgebäude Umforana in Wiesbaden (2009), ergaben sich für die TGA-Ingenieure spezielle Erfahrungen in Bezug auf Wärmeverschiebungen in Verbindung mit der Nutzung interner Wärmegewinne. So gelang es dem Entwurfsteam, die anspruchsvolle energetische Zielsetzung zu erreichen, indem in die zweckmäßige Grundkonzeption der technischen Anlagen auch die Integration und Nutzung prozessbedingter Abwärmeströme einbezogen wurde.Die kombinierte Freihandbibliothek der Hochschul- und Landesbibliothek erstreckt sich auf 6.800 m² BGF über drei offene Ebenen. Die Wärmeversorgung erfolgt bivalent über eine Wärmepumpe (Luft / Wasser) sowie ergänzend bei niedrigen Außentemperaturen aus dem Liegenschaftsnetz (Gasbrennwertkessel). Die reversible Wärmepumpe wurde in das Zentrallüftungsgerät der Bibliothek integriert, womit im Heizbetrieb die in der Abluft enthaltene Wärme genutzt werden kann. Das System gestattet es, die Abluft bis unter die Außentemperatur zu „entwärmen“, was einen Wärmegewinn vergleichbar einer konventionellen Luft-Wärmepumpe bedeutet. Im Kühlbetrieb ist es möglich, über die Abbzw. Fortluft die Kondensatorwärme aus der Kälteerzeugung abzuführen. Auf ein separates Rückkühlwerk konnte somit verzichtet werden. Die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe beträgt 4,8. Bei vollem Betrieb der Bibliothek besteht die Option, mehr Wärme zu erzeugen, als im Gebäude benötigt wird. Diese überschüssige Wärme wird ins SSC verschoben, wobei circa 18 % des SSC-Wärmebedarfs abgedeckt werden.Ein gestalterisches wie zugleich technisches Merkmal sind die Induktionsauslässe in denFlächen der Bibliothek, in denen die Funktionen Lufteinbringung, Raumheizung und -kühlung miteinander kombiniert wurden. Die Luftauslässe verfügen über wassergeführte Wärmetauscher. Durch die spezielle Konstruktion des Luftauslasses (Prinzip der Venturi-Düse) wird mit Hilfe eines Frischluftimpulses Raumluft angesaugt, über die Wärmetauschergeführt und damit geheizt oder gekühlt. Da bei Induktionsauslässen im Gegensatz zuFancoils auf Ventilatoren verzichtet werden kann, ermöglicht dies einen vergleichsweisegeräuscharmen Betrieb sowie geringere Wartungskosten. Die Warmwasserbereitungerfolgt dezentral über elektronisch gesteuerte Durchlauferhitzer. Die verschiedenen Energieszenarien der Bibliothek werden in dem ZWP-Energiekonzept mit Angabe der erwarteten Deckungsanteile dargestellt.
Das 1.800 m² große Gebäude für das Studenten-Service-Center (SSC) enthält Büro und Besprechungsräume der studentischen Verwaltung und Beratung. Dieser kleine Verwaltungsbau zeichnet sich im Wesentlichen durch seine bivalente Wärmeversorgung aus. Wie schon beschrieben, erfolgt diese über Wärmeüberschüsse der Bibliothek sowie aus dem Liegenschaftsnetz (Gasbrennwertkessel). Statt Radiatoren besteht eine Fußbodenheizung, die niedrige Systemtemperaturen ermöglicht. Be- und entlüftet wird das Gebäude über eine mechanische Lüftung mit Wärmerückgewinnung mit Hilfe eines Rotationswärmetauschers. Zudem gibt es die Möglichkeit der Fensterlüftung.Die Mensa mit einer BGF von 3.410 m² beinhaltet neben der eigentlichen Großküche einKüchenlabor für den Fachbereich Oecotrophologie. Das Studentenwerk Gießen bewirtschaftet die Mensa ganztägig und gibt circa 1.800 Mahlzeiten pro Tag aus. Mit Hilfe einer Energiekaskade und Abwärmenutzung bzw. Wärmerückgewinnung wird das Gebäude beheizt bzw. gekühlt. Im Einzelnen bedeutet dies, die Abwärme aus der Lebensmittelkühlung (Tiefkühlzellen) wird zur Raumheizung und Warmwasserbereitung genutzt, was ca. 17 % des Wärmebedarfs deckt. Zweitens kommt eine Gasabsorptionswärmepumpe für Heiz- und Kühlzwecke mit einem Wirkungsgrad im Heizfall von 135 % (bezogen auf den oberen Heizwert von Erdgas) zum Einsatz und drittens steht zur Spitzenlastabdeckung sowie zur ergänzenden Trinkwassererwärmung (Hygiene) der Gasbrennwertkessel zur Verfügung. Die zentrale Warmwasserbereitstellung geschieht mit Hilfe der Vorwärmung über Wärmerückgewinnung aus der Gewerbekälte und Nachheizen über den Gasbrennwertkessel. Der Speisesaal als größte Raumfläche des Gebäudes verfügt über eine Fußbodenheizung. Die niedrigen Systemtemperaturen ermöglichen die oben erwähnte Abwärmenutzung. Neben Komfortaspekten stellt die Fussbodenheizung einen Beitrag zur Energieeinsparung dar, da sich aufgrund der Strahlungswirkung der Fußbodenheizung einehomogene vertikale Temperaturverteilung ergibt (Raumhöhe Speisesaal bis zu 7,5 m),bei konvektiven Systemen wäre mit einem gen Decke zunehmenden Warmluftpolster zurechnen. Alle Räume werden mechanisch be- und entlüftet. Jedoch erfolgt die Küchenlüftung über eine Lüftungsdecke mit laminaren Zuluftauslässen. Die Absaugung erfolgt schwerpunktmäßig oberhalb der Kochblöcke. Das System wird volumenstromvariabel je nach Lastzustand der Küche betrieben und verfügt ebenfalls über eine Wärmerückgewinnung.
Fotos: © Werner Huthmacher
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